Corona und die Frage nach Gott (Regina Polak)

Bildquelle: Illustration zur Pest in London – Tafelkupfer aus Thomas Dekkers „A Rod for Run-aways” von 1625 (British Library)

Unter den vielen Fragen, wie sich unsere Gesellschaft „nach Corona“ verändern wird, ist mir bisher eine Frage noch nicht untergekommen: Die Frage, ob und wie sich der Glaube an Gott verändern wird.

Freilich: Die Zukunft ist aus theologischer Sicht wie bei allen Prognosen über die ökonomisch, politisch oder kulturell zu erwartenden Themen zwar durch Vergangenheit und Gegenwart geprägt, ist aber zugleich grundsätzlich offen, und ihre Gestaltung obliegt menschlichen Entscheidungen.

Gleichwohl ist es hilfreich, zweierlei zu berücksichtigen: a) die Erinnerung an ähnliche geschichtliche Ereignisse und was daraus zu lernen ist und b) die empirische Ausgangslage, deren Chancen und Probleme, historisch betrachtet, durch Katastrophen eher dynamisiert werden. Radikale Umkehrbewegungen gibt es bei Einzelnen. Als Massenphänomene sind sie eher selten zu beobachten.

Der Blick in die Geschichte der Seuchen lässt dabei – wie so oft – Widersprüchliches erkennen.

Die Pest: Erste Risse im Glauben der Menschen

So starb während der Pest zwischen 1347 und 1353 ca. ein Drittel der europäischen Bevölkerung. Die von Angst und Verzweiflung erfassten Menschen erlebten diese Seuche als Strafe Gottes. Infolgedessen blühten in dieser Zeit die Heiligenverehrungen ebenso wie Wallfahrten und Ablasshändel. Auch Selbstgeißelungen wurden modern, denn damit hofften die Menschen, ihre Sünden zu büßen. Die Kirche intensivierte zwar Gottesdienste, Prozessionen, Wallfahrten, Bußgebete, fand aber keine Antworten auf diese Plage, die unterschiedslos Hunderttausende dahinraffte. Geistliche verweigerten, je länger die Katastrophe währte, Hilfestellungen aus Angst vor Ansteckung.

Sind die Menschen trotz des Rituale-Booms in dieser Zeit gläubiger geworden?

Die Bildungswissenschaftlerin Marianne Gronemeyer hat in ihrem Buch „Das Leben als letzte Gelegenheit“ beschrieben, dass und wie durch die Pest der Glaube an Gott und seine von ihm gut geordnete Schöpfung in seinen Fundamenten erstmals zutiefst erschüttert wurde. Der Glaube der Massen an eine gute Ordnung unter Gottes Herrschaft bekam erste Risse.

Eine geistig-geistliche Folge war danach eine veränderte Weltsicht. Man konzentrierte sich mehr auf das Irdische als auf das Jenseits und die Transzendenz. Naturwissenschaft und Medizin wurden wichtig. Mit diesen Mitteln begann man fortan Mittel gegen die Bedrohung durch den Tod zu suchen. Der Oxford-Historiker Jerry Brotton sieht in dieser veränderten Weltsicht nicht den wichtigsten, aber einen wesentlichen Faktor für die Entstehung der Renaissance. Diese veränderte Weltsicht war auch für den Glauben ein Fortschritt und begünstigte theologische Innovationen. Aber hier liegen auch die Weichenstellungen in eine Gegenwart, die immanenten Werten deutlich mehr Gewicht gibt als transzendenten – bis zur heutigen Situation, dass Religion für viele Zeitgenossinnen und Zeitgenossen zwar für das seelische Wohlbefinden sorgen, sich aber sonst bei der Lösung gesellschaftlicher und politischer Probleme eher heraushalten soll.

Die Spanische Grippe: Politische Religion

Durch die Spanische Grippe starben zwischen 1918 – 1920 fünfzig Millionen Menschen, bei einer Weltbevölkerung von 1,65 Milliarden. Dies traf vor allem die erwachsenen Männer in mittleren Jahren, die an den Kriegsfronten kämpften. Die Spanische Grippe hat den Krieg nicht beendet, wohl aber zur weiteren Demoralisierung der Menschen beigetragen. Da sich die politischen Eliten wenig um eine systematische Bekämpfung dieser Seuche kümmerten, trug die Spanische Grippe dazu bei, dass dem politischen Ordnungssystem nach dem Krieg die Legitimation entzogen wurde. Auch das Interesse an der vor dem 1. Weltkrieg dynamisierten Globalisierung wurde gestoppt. Was folgte, waren Nationalismus und Faschismus: die Anbetung von Staat, Heimat, Volk und Macht. Man kann dies auch „politische Religiosität“ nennen, die dann u.a. in der, wie manche Forscher dies nennen, „Politischen Religion“ des Nationalsozialismus ihren Ausdruck fand.

Wie groß war der Glaube der Christinnen und Christen angesichts der Widerstandslosigkeit des christlichen Kontinents gegenüber diesen Entwicklungen tatsächlich?

Nichts erschüttert – historisch betrachtet – den Glauben so tief wie Leid, Not, Tod und Gewalt. Theologisch lassen die Erzählungen der Heiligen Schrift und auch die Geschichte der Kirche erkennen, dass nie so viel Neues im Glauben gelernt werden kann, wie im Ringen mit dem Leid. Auch Jesus selbst hat durch Leid den Gehorsam gelernt (Hebr 5,8).

Signifikante Erosion bei den 68-ern

So zeigen denn auch die religionssoziologischen Befunde nach dem Zweiten Weltkrieg zwar zunächst wieder volle Kirchen, aber eine zeitgleich rasant einsetzende Erosion des Glaubens. Auch wenn der Glaube an „einen Gott“ länderspezifisch relativ konstant bleibt, verdünnen doch konsequent dessen inhaltliche Formatierung und vor allem die praktischen Ausdrucksformen wie Gottesdienstbesuch und Gebet. Der Glaube an die Auferstehung sinkt, auch innerhalb der Kirchen. Diese Entwicklungen hängen empirisch betrachtet mit verschiedenen Faktoren zusammen: der Pluralisierung der religiösen Landschaft, der Dominanz naturwissenschaftlich formatierten Denkens, dem steigenden Wohlstand und wachsender Bildung. Auch die Kirchen haben durch Skandale wie den Missbrauch Minderjähriger durch Priester dazu beigetragen. Aber bemerkenswert ist, dass der Europäischen Wertestudie 2010 zufolge der massivste Einbruch des Glaubens europaweit bei der Generation der nach1948 geborenen Generation erfolgt, der Nachkriegsgeneration. Danach sinken die Zustimmungsraten zu religiösen Indikatoren kontinuierlich, aber nicht im Ausmaß wie bei den 1968ern.

Wie soll man im kritischen Blick auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts und seiner zivilisatorischen Abgründe – den diese Generation erstmals ohne Hunger, in Freiheit und über Jahrzehnte hinweg wagen konnte – auch so ohne weiteres und ohne Rückfragen die Rede vom guten Gott glauben können, der die Geschichte lenkt?

Wer nach dem 20. Jahrhundert über Gott so spricht, als hätte es diese Katastrophen nicht gegeben, muss sich fragen lassen, ob er deren Opfer ernst nimmt und daraus auch für die Rede über Gott entsprechende Konsequenzen zieht. Er, sie steht im Verdacht, Gott als Mittel zur Beruhigung und Vertröstung zu benützen, aber die beunruhigenden Aspekte der Geschichte ebenso wie des Glaubens auszublenden. Ansprechen wird er, sie damit nur jene, die nicht nachdenken möchten und Rückzugs- und Fluchtorte vor einer herausfordernden Wirklichkeit suchen. Dies entspricht aber nicht dem biblischen Zeugnis. Denn die Gemeinden der Bibel haben sich immer mit der konkreten Geschichte vor Augen auseinandergesetzt und darum gerungen, aus ihr für den Glauben und die daraus erfolgenden ethischen, rechtlichen und politischen Konsequenzen zu ringen.

Den Fragen nach dem Sinn von Geschichte auszuweichen, hat teure Konsequenzen. Die Kirche reduziert sich zur Servicestelle für religiöse Bedürfnisse. Irgendwann bezahlt man dafür einen Preis. Vielleicht nicht in der Akutphase einer Krise, aber danach – und vor allem bei jenen, die nach intellektuell und historisch redlichen Auslegungen dieses Glaubens an einen guten Gott verlangen. Deren Vertrauen benötigt die Kirche aber, um Gesellschaft mitzugestalten können

Konsequenzen: Ungeahnte Chancen …

Was bedeuten diese Befunde während und nach Corona? Was bedeuten Sie in einem Europa, in dem die Ausgangslage darin besteht, dass nicht die Migrationen, sondern die Entkonfessionalisierung und Kirchendistanzierung die treibenden Motoren im religiösen Feld sind? Insbesondere bei den jungen Menschen, in der signifikante Teile dieser Generation mit Glaube gar nichts mehr am Hut haben?

Derzeit steht der Glaube an Gott auf dünnem Eis. Auch wenn zwei Drittel der Europäer angeben, an einen Gott zu glauben, so ist mit Blick auf das Ethos, mit dem sich dieser Theismus empirisch verbindet, zu befürchten, dass es sich nicht unbedingt um jenen Gott handelt, der in Schrift bezeugt wird. Dafür verträgt sich der Gottesglaube bei zu vielen Befragten zu gut mit autoritären und fremdenfeindlichen Einstellungen, die mit der biblischen Ethik inkompatibel sind. Eher handelt es sich bei diesem Gott bei vielen um einen privaten Tröster, der dem Einzelnen und den Seinen Heimat gibt.

Das Problem eines solch individualisierten Gottesbildes besteht nicht in der Ausrichtung auf die einzelne Person und die Familie, wohl aber in der oft zugleich zu beobachtenden Funktion, ein religiöses Selbstverständnis zur Ab- und Ausgrenzung von Anderen zu benützen. Auch wird darauf verzichtet, Geschichte und Gesellschaft aus dem Glauben heraus zu deuten und damit auf den Auftrag, diese mitzugestalten. In der Krise ist auch die Christologie. Immer weniger Menschen können in Jesus von Nazareth den Christus, den Sohn Gottes erkennen. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Menschen, die das christliche Ethos vertreten, ohne dies mit dem Glauben an Gott zu verbinden.

Im Kontext der Corona-Krise gäbe es die ungeahnte Chance, um eine Rede von Gott zu ringen, die die vorfindbaren Gottesbilder weitet und den Glauben nicht nur in den Alltag und das Leben von Einzelnen einbettet, sondern auch mit den gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen, vor denen wir stehen, in Verbindung bringt. Umgekehrt könnten Menschen, die nicht glauben, sehen und hören, dass Gott auch für unser Leben als gesellschaftliche und politische Geschöpfe eine wichtige Rolle spielen kann und möchte. Für ein solches Wagnis braucht es freilich einiges an Bildung, Sensibilität und Mut. Es geht ja nicht darum, dem, was wir erleben, einfach nur religiöse Sätze auf zu propfen. Wie sieht eine solche Verbindung zwischen dem Glauben und Gott und den konkreten geschichtlichen Ereignissen aus, sodass sie verantwortbar ist und nicht zur Ideologie wird? Hier wird noch viel nachzudenken sein.

Enge Verbindung mit der pastoralen Praxis

Ob diese erst zu suchende Rede von Gott im Kontext von Corona glaubwürdig ist, ist untrennbar mit kirchlichem Handeln verbunden. Unsere Worte erschließen ihren Sinn erst im Handeln.

Derzeit haben Religionssendungen Hochkonjunktur. Das ist erfreulich. Viele Menschen haben Sehnsucht nach Trost und Schutz, Hoffnung und Sinn, nach einem geistigen Zuhause. Da eröffnen sich ungeahnte pastorale Möglichkeiten und Pflichten für die Seelsorge. Auch die Caritas bezeugt in diesen Tagen auf beeindruckende Weise das Evangelium, im Einsatz für jene, die zwischen Home-Office und Wirtschaftskrise über zu bleiben drohen: die Arbeits- und Obdachlosen, die Alleinerzieherinnen, die Flüchtlinge.

Auf die legitimen Sehnsüchte nach Sinn und Trost mit Gott zu antworten, ist Gabe und Aufgabe der Kirchen. Menschen im Alltag einer Ausnahmesituation beizustehen gehört zu ihrem Auftrag. Zu verkünden, dass Gott der Herr der Geschichte ist, der dem Leid, der Not, der Armut und dem Tod, die auf uns zukommen – insbesondere dann, wenn man auch einen solidarischen Blick über die Provinzgrenzen Österreichs wagt – nicht das letzte Wort lassen wird, ist Kern des christlichen Glaubens. Wir erleben gerade eine ausgezeichnete Gelegenheit, „jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die uns erfüllt“ (vgl. 1 Petr 3,15). Dazu müssen wir aber auch etwas zu sagen haben, was der Herausforderung durch Corona entspricht.

… und eine Versuchung

Ich möchte aber auch vor einer Versuchung warnen, vor der wir als Kirchen jetzt stehen; auf die Gefahr hin, jenen, die jetzt Chancen auf dem „Markt der Religionen“ wittern, etwas die Freude zu verderben. Machen wir es uns nicht zu einfach!

Die Geschichte lehrt, dass große Katastrophen in Europa auf lange Sicht hin nicht glaubensproduktiv waren, trotz phasenweise Booms infolge von religiöser Bedürftigkeit. Wer wirklich „nachhaltigen“ Glauben jetzt fördern möchte – und dazu gibt es jetzt tatsächlich eine reale Chance – muss etwas mehr tun, als religiöse Bedürfnisse zu befriedigen und Trost und Hoffnung zu behaupten, weil Gott „alles zum Guten lenken“ wird. Solche Sätze müssen bestehen vor den jetzigen Erfahrungen der Alleinerzieherin, die es gerade zwischen Home-Office, Home-Schooling und drohender Kündigung zerreißt; vor der Familie, die ihren sterbenden Großvater in seinen letzten Stunden nicht begleiten kann; vor dem Arzt, der zur Triage gezwungen ist; vor den vergessenen Flüchtlingen in den Lagern an den Grenzen Europas.  

Die Ausgangslage legt nahe, dass es während und nach Corona einige Qualitätsansprüche gibt, wenn wir Trost, Hoffnung, Sinn eröffnen. Wir müssen gute Gründe benennen können (1 Petr 3,15). Wir dürfen die bitteren Realitäten nicht ausblenden, beschweigen oder gar beschönigen. Wir müssen unsere heiligen und heilenden Sätze mit Praxis verbinden und die Übel bekämpfen. Nur so hat die Pastoral, die jetzt erblühen kann, Zukunft.

Konkret bedeutet das: Kreative Seelsorgemodelle entwickeln ( wie z.B. das ökumenische Corona-Virus-Sorgentelefon der ED Salzburg), die den einzelnen mit seinen Fragen ernst nehmen, auch an Gott; die Regalschlichterinnen nicht nur freundlich bedanken, sondern auch deren finanzielle Situation öffentlich thematisieren; praktische Solidarität für jene einfordern, die uns außerhalb Österreichs aus dem Blick zu geraten drohen.

Solche Gedanken könne man den Menschen derzeit nicht zumuten? Warum? Mag sein, dass das manchem nicht gefällt. Und einer alten, verunsicherten Gläubigen, einem arbeitslos gewordenen oder von Insolvenz bedrohten Menschen wird man selbstverständlich anders begegnen als einem gläubigen Politiker. Aber zum Glauben, wie ihn die Bibel bezeugt, gehört neben dem Trost auch etwas Beunruhigendes. Das unterscheidet ihn von der Vertröstung.

Regina Polak

Veröffentlicht von Praktische Theologie

Institut für Praktische Theologie Katholisch-Theologische Fakultät Universität Wien Schenkenstrasse 8-10 1010 Wien c/o Assoc.-Prof. Dr. Regina Polak, MAS (Admin)

3 Kommentare zu „Corona und die Frage nach Gott (Regina Polak)

  1. Ich danke für Ihren Artikel „Corona und die Frage nach Gott“. Bei all den Lösungsversuchen kommt die Autonomie der Schöpfung nicht zur Sprache. Darauf macht das Vaticanum II in Gaudium et Spes 36 aufmerksam:. Gott ermöglicht und respektiert die Selbstständigkeit der Natur, eine Art Freiheit. Der Verlauf unsere Pandemie entspricht der Eigengesetzlichkeit des Corona Virus. Doch Gott könnte nach christlichem Glauben die Pandemie total stoppen, weil er der Herr-Gott und der Schöpfer ist. Ich meine, darum jedoch will Gott eigens gebeten und in seiner Würde respektiert werden. In der heutigen Welt, wo man Gott eigentlich für überflüssig hält und sich entsprechend verhält, zeigt Gott Charakter und überlässt uns unseren eigenen, begrenzten Möglichkeiten, mit denen er uns ausgestattet hat, vielleicht bis zur totalen Katastrophe.

    Dr. Gerhard Steigerwald

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  2. Vielen Dank für den hilfreichen Beitrag, der die Corona-Krise als Zeichen der Zeit aufnimmt und auf die Gottesfrage bezieht. Gerade das Thema „Epidemie als Strafe Gottes“ ist wichtig, zumal Leonardo Boff soeben eine ökotheologische Neuauflage der Kollektivstrafthese vorgelegt und Corona als „Vergeltungsmaßnahme der Mutter Erde“ bezeichnet. Regina Polaks Beitrag hat mich veranlasst, aus systematischer Perspektive zu fragen, welche Gründe dagegen sprechen, eine Pandemie als fällige revanche de dieu gegen eine gottvergessene Generation zu qualifizieren: (1) ist wird das Urteil pauschal über die Köpfe der Betroffenen hinweg gefällt, was eine Missachtung ihrer Würde darstellt; (2) unterscheidet die Denkfigur der Kollektivstrafe nicht zwischen der moralischen Disposition der Betroffenen. Unschuldige Kinder, Frauen und Männer, rechtschaffene Menschen und – sit venia verbo – abgebrühte Schurken kann es gleichermaßen treffen; (3) überspringt die Geißel-Gottes-These den eschatologischen Vorbehalt und maßt sich an, das unüberschaubare Geflecht der menschlichen Freiheitsgeschichte so zu beurteilen, als könne man God’s viewpoint einnehmen; (4) befördert das Verdikt einer Kollektivstrafe einen theologischen Fatalismus, der das praktische Engagement zur Bekämpfung der Not lähmt: Was von Gott verhängt wurde, wurde zu Recht so verhängt. Umso schlimmer für die Betroffenen!
    Beim Rückblick auf den „Schwarzen Tod“, die Pest in der Mitte des 14. Jahrhunderts, an die Regina Polak zurecht und differenziert erinnert, möchte ich ergänzend einen Aspekt nachtragen, der mir für eine Theologie wichtig erscheint, die selbstkritisch die Traditionen der Antijdaismen aufarbeitet. Die Flagellanten und Büßer, die damals durch die Städte zogen, haben nämlich nicht nur sich selbst beschuldigt, sondern auch Fremdbezichtigungen vorgenommen und Sündenböcke identifiziert. Die Juden wurden verdächtigt, die Brunnen vergiftet und so die Pest verursacht zu haben. Barbarische Pogrome waren die Folge. Papst Clemens VI. hat 1348 durch ein Breve versucht, dem antijüdischen Treiben Einhalt zu gebieten. Vergeblich! Selbst die Androhung der Exkommunikation hat nicht geholfen, die Exzesse einzudämmen. Auch das stimmt nachdenklich – und ist allemal Anlass, mit steilen geschichtstheologischen Deutungen zurückhaltend zu sein. Jan-Heiner Tück

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